Betrugsverdacht bei Kickstarter-Kampagnen für Ouya-Exklusivtitel

Frank Hüber
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Im Juli stellten die Entwickler der mittels Crowdfunding finanzierten Android-Konsole Ouya einen 1-Million-US-Dollar-Fond vor, um Entwickler für die Plattform zu gewinnen. Die ersten beiden Spiele bei Kickstarter haben die Finanzierungskriterien des Fonds erfüllt, doch Internetnutzer schlagen aufgrund von Betrugsverdacht Alarm.

Die Bedingungen des „Free The Games“-Fonds sind klar formuliert: Sofern interessierte Spieleentwickler finanzielle Unterstützung für ihre Spieleprojekte möchten, müssen sie mindestens 50.000 US-Dollar an Kapital bei Kickstarter gesammelt haben und ihr Spiel sechs Monate nach Veröffentlichung exklusiv für die Ouya-Konsole anbieten. Die Ouya-Entwickler werden den bei Kickstarter erreichten Betrag daraufhin verdoppeln, dies jedoch maximal bis zu einer Obergrenze von 250.000 Dollar. Bisher konnte die Kampagne auf diese Weise nach Aussagen der Ouya-Entwickler über 40 Einsendungen erreichen, wovon elf sich gerade in der Finanzierungsphase bei Kickstarter befinden.

Zwei der Projekte wird nun seitens misstrauischer Internetnutzer unterstellt, dass es sich dabei um Betrugsversuche handeln könnte, um an das Geld aus dem Fond zu gelangen. Verdacht erregte dabei das Point-and-Click-Adventure „Elementary, My Dear Holmes!“ aufgrund einiger dubios erscheinender Unterstützer: So fiel mehreren Kickstarter-Nutzern auf, dass sich unter den aktuell 725 Geldgebern des Projekts über 120 mutmaßliche Fake-Profile befinden. Viele davon trugen zum Teil wahllos zusammengesetzte Namen oder Profilbilder von Prominenten aus unterschiedlichen Branchen. Besonders auffällig waren dabei Profile, die sich mit Bildern bekannter Schauspieler schmückten oder teilweise sogar Bilder vermisster Personen verwendeten. Zudem wurde ein Großteil der Accounts erst im Juli dieses Jahres erstellt und seitdem beinahe ausschließlich für dieses Kickstarter-Projekt verwendet.

Sam Chandola, der Chef des kleinen Indie-Studios „Victory Square Games“, versprach in einem Kommentar zur Kickstarter-Kampagne dem Ganzen auf den Grund zu gehen und bei Amazon und Kickstarter wegen den zweifelhaften Kickstarter-Accounts nachzuhaken. Ein Teil der vermutlichen Fake-Profile sind mittlerweile nicht mehr in der Liste der Geldgeber aufzufinden, womöglich ein Indiz dafür, dass die „Pledges“ zurückgezogen oder die entsprechenden Profile schon gelöscht wurden. Aktuell steht das Kickstarter Projekt bei 51.089 US-Dollar und läuft noch 16 Tage. Auf Twitter gratulierten die Ouya-Entwickler dem Indie-Studio zum Erreichen ihres Kickstarter-Ziels.

Die größten Fragezeichen wirft jedoch die Kickstarter-Kampagne von „Gridiron Thunder“, einem Arcade-Football-Spiel des Entwicklerstudios „MogoTXT“ für die Ouya-Konsole sowie Android- und iOS-Geräte auf: Mit gerade mal 129 „Backern“ wurde eine Summe von 78.252 US-Dollar erreicht. Im Durchschnitt hat demnach jeder Geldgeber über $600 in das Projekt investiert. So wurden von Nutzern des NeoGAF-Forums nicht nur Duplikate unter den Geldgebern entdeckt, sondern auch auffällige Spitzen in der Kickstarter-Finanzierung: Anhand von Kicktraq lässt sich nachvollziehen, dass seit dem Beginn der Kickstarter-Kampagne am 9. August fünf Tage ausschlaggebend für das Erreichen des angepeilten $75.000 Ziels waren. Während an den sonstigen Tagen selten überhaupt die 100 bzw. 1000 US-Dollar Grenze überschritten wurde, kamen am 19. und 24. August jeweils über 25.000 US-Dollar zusammen. Wenige Tage vorher wurden auf drei hintereinander folgenden Tagen 25.000 US-Dollar gesammelt.

Die Ouya-Entwickler teilten auf Twitter mit, dass Gridiron Thunder sich erfolgreich für den „Free the Games“-Fond qualifiziert hat und man die erreichte Endsumme, wie angekündigt, verdoppeln werde. MogoTXT möchte das Spiel noch in diesem Herbst, voraussichtlich im September, veröffentlichen. Das auf der Kickstarter-Seite präsentierte, folgend eingebundene Gameplay-Video, das aus einem Build von „letzter Woche“ stammen soll, lässt jedoch berechtigterweise Zweifel an diesem Vorhaben aufkommen.

Auf eine Anfrage von Gamasutra reagierte Andrew Won, der CEO von MogoTXT, mit einer langen Antwort, ohne dabei auf spezifische Fragen näher einzugehen. So halte die Kampagne die „Regeln von Ouya sowie Kickstarter“ ein und man würde nichts „unzulässiges mit der Free the Games Promotion von Ouya versuchen“. Auf die Frage, wie es zu solch hohen Durchschnitts-Spenden und einem so schnellen Erreichen des Kickstarter-Ziels käme, wurde nicht eingegangen. „Wenn Leute ein Projekt nicht unterstützen wollen, sollten sie einfach weitergehen. Wenn sie denken, dass sie es besser können, können sie ihr eigenes Projekt für die Ouya-Konsole starten [...]“, so führt Won fort, „Wir haben eine tolle Beziehung mit Ouya und wünschen uns, dass Ouya erfolgreich ist.

Das Ouya-Team scheint in der zweifelhaften Finanzierung von Gridiron Thunder keine Probleme zu sehen: Gegenüber Joystiq ließen die Entwickler verlauten, dass sie „kaum begeisterter darüber sein könnten, dass sie [gemeint ist MogoTXT, Anm. d. Red.] ihr Spiel sowie ihre unterstützende Community zu Ouya bringen“.

Wir danken Andreas Schnäpp für das Einsenden dieser Meldung.